Unter diesem Motto lud die Landesbeauftragte Mecklenburg-Vorpommern, Anne Drescher, zum diesjährigen 25. Bundeskongress der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Folgen der kommunistischen Diktatur sowie der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur die Verfolgten- und Opferverbände sowie Aufarbeitungsinitiativen vom 20. bis
22. Juni 2022 nach Rostock ein.
Den Doping-Opfer-Hilfe e.V. vertraten an diesem Wochenende die Vorstandsmitglieder Ariane Speckhahn und Heike Knechtel.
Bereits am ersten Abend machte die Psychologin und Schriftstellerin Helga Schubert in Ihrem beeindruckenden Festvortrag „Die Diktatur ist die Täterin. Oder?“ deutlich, dass man Unrecht nicht bereinigen kann. Respektvoller Umgang mit den Opfern und ihnen zuzuhören ist jedoch das Grundgerüst von Aufarbeitung. Sie machte deutlich, dass ein jeder Mensch ab einem bestimmten Alter für sein Tun selbst verantwortlich ist, gleich, in welcher Gesellschaftsordnung man lebt.
Der zweite Tag beschäftigte sich mittels Fachvorträge mit der rechtlichen Aufarbeitung aus Sicht der Opfer und der Täter.
So stellte Hans-Joachim Hacker, Wirtschaftsrechtler und ehemaliges Mitglied des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, am Ende seines Vortrages fest, dass die Rehabilitierungsgesetze zum politischen Einigungsvertrag am 31.08.1990 noch nicht fertig waren und nur 6 Monate zur Verfügung standen, um in der Anlage 2 in den Einigungsvertrag aufgenommen zu werden. Die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung wurde erst in dem 2. Unrechtsbereinigungsgesetz aufgenommen, eine Nachbesserung zum Passus „Verfolgungsbedingte Gesundheitsschäden“ erfolgte 1998. Durch die völlige Überlastung der Gerichte und die Priorisierung auf wirtschaftliche Vergehen ging die strafrechtliche Verfolgung gegen die Verantwortlichen des DDR-Staatsdopings in den allermeisten Fällen in die Verjährung.
Im zweiten Fachvortrag setzte Thomas Bardenhagen, Staatsanwalt in Schwerin, hinter die Fragestellung „Aufarbeitung des SED-Unrechts durch die Justiz – Ein Erfolg?“ ein klares NEIN. Dies lag u.a. daran, dass in den DDR-Strafrechtsparagraphen fast jedes missliebige Verhalten unterzubringen war. Damit ist u.a. zu erklären, dass es in nur 0,6% aller Strafanzeigen zur Anklage kam. Ohne Aufklärung blieb im Bereich des Staatsdopings der Fakt der schweren Körperverletzung und der Nachweis eines Willküraktes. Es wurde damals nur das Doping in Betracht gezogen.
In einer der anschließenden Arbeitsgruppen stellte ich Herrn Hacker die Frage, inwieweit sich die Länder, die die Verwaltungsrechtliche Rehabilitierung für Dopingopfer noch nicht aussprechen, sich herauswinden können, da es ja nun in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen andere Rechtsauffassungen gibt. Die Antwort, dass dies Ländersache sei, ist unbefriedigend und so werden wir weiterhin über den Klageweg und in unserer politischen Arbeit für unsere Betroffenen kämpfen.
Der späte Samstagnachmittag blieb den Aufarbeitungs- und Opferverbänden für einen 5-minütigen Bericht über Ihre Arbeit.
Ich wies darauf hin, dass unser Vorteil der Opferverbände darin liegt, zur Aufarbeitung Zeitzeugen sprechen zu lassen. Da aller Leben endlich, muss der Fokus verstärkt auf die „Konservierung“ unserer Erzählungen, sei es durch Filmaufnahmen, Publikationen oder Podcasts, gelegt werden. Ich verwies für Letzteres auf unsere Website.
Ich stellte weiterhin dar, dass es für unsere Betroffenen ein Problem ist, fachkundige Ärzte zu finden, die den Zusammenhang der Dopingvergabe mit den entsprechenden Langzeitfolgen darstellen können, wir nun schon ein kleines Ärztenetzwerk aufgestellt haben und seit neuestem auch mit dem Thüringer Landessportbund und der Thüringischen Staatskanzlei gut zusammenarbeiten.
Wichtig für die Aufarbeitung des DDR-Staatsdopings sind Fakten. Und so konnte ich darauf hinweisen, dass wir eine Fachkraft gewinnen konnten, die bundesweit in den Archiven auf die Suche geht und schon Erstaunliches gefunden hat.
Da die Aufarbeitung von der politischen Seite her kaum geschieht, machte ich am Fall Frank Ullrich deutlich, was vom Publikum durch starken Beifall bestätigt wurde.
Zum Abschluss meines kleinen Berichtes verwies ich auf unseren Lichtblick, dass es uns durch unseren Vorsitzenden und Anwalt Dr. Michael Lehner in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen gelungen ist, Dopingopfer verwaltungsrechtlich zu Rehabilitieren und der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages seine Stellungnahme, die von den Ländern bisher einfach für die Ablehnungen übernommen wurde, nun auf diese Rechtsprechungen verweisen musste und aus dem bisherigen 5zeiler ein 17seitiges Papier wurde.
Der Sonntag thematisierte die leidvollen psychischen Folgen von DDR-Unrecht und zeigte die verschiedenen Formen von Traumata, ihre Folgen und Hilfsmittel auf. Nach den entsprechenden Fachvorträgen kam es erneut zu intensiven Wortmeldungen zum Thema.
Mit einer Gedenkveranstaltung für die Opfer von DDR-Unrecht fand dieser Bundesprozess einen würdigen Abschluss.
Frau Speckhahn und ich nutzen die Pausen und Zeiten der Begegnung für intensive Gespräche und für eine weitere Vernetzung unserer Arbeit.
Heike Knechtel, Präventionsbeauftragte des DOH e.V.
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