Testen mit Pharmaka, Vergabe und Forschung im Leistungssport

 

Testen mit Pharmaka, Vergabe und Forschung im Leistungssport

Durch immer höhere Anforderungen an die zu erbringenden Leistungen der Sportler wurden Pharmaka ohne eine notwendige medizinische Indikation an die Sportler verteilt. Ziel war es die Regeneration zu beschleunigen, um letztendlich den Trainingsumfang erhöhen zu können.

Über die genaue Bezeichnung der Pharmaka war Stillschweigen angewiesen und es sollte auf keinen Fall bei der Vergabe die Originalverpackungen sichtbar sein.
Es wurde die Sportler durch die Ärzte und Trainer in der Regel nicht über die möglichen Folgen aufgeklärt bzw. bei Minderjährigen, die Eltern um Einverständnis für die Einnahme der Pharmaka gefragt.
Die Kontrollfunktion bezüglich der Vergabe von Unterstützenden Mitteln übten die Sportärztlichen Hauptberatungsstellen (SHB) aus. Ausnahme war der SV Dynamo, dort waren es die Bezirkssportärzte.

Ab 1978 waren die Anabolika zentral in Berlin (SMD, Abt. Leistungssport II) gelagert. So sollte unter anderem auch die abweichende Gabe von Anabolika außerhalb der Vergabezyklen verhindert werden, was ein Irrglaube war und nicht funktionierte.

Zur Übernahme der anabolen Steroide reisten die Bezirkssportärzte der 15 SHB in die Zentrale. Die Dokumentation erfolgte in einem VS-Buch, welches in Berlin unter Verschluss lag. Diese Unterlagen wurden umfangreich vernichtet und / oder von den Verantwortlichen mitgenommen, also sind bislang nicht auffindbar. Allerdings konnte in den Unterlagen des SMD Neubrandenburg ein Postbuch mit entsprechenden, auch namentlichen Bestellungen von Anabolika aufgefunden werden.


Beispiele:
zur Vergabe von Pharmaka/Dopingmittel
(Universitätsarchiv Leipzig)

Schwimmen

Am EM-Kader Lehrgang des Deutschen Schwimmsport Verbandes (DSSV) vom 15.02. bis 15.03.1974 nahmen Sportler vom SC K, vom SC Chemie Halle und dem SC DHfK (Trainingsgruppe Kattner und Leopold) in Belmeken teil.
Es wurden Infusionen mit Thiotacid, Glucose, Vitamin, HCG, Testotropin, Testoteron gegeben, entsprechend dokumentiert und im Labor entsprechend ausgewertet.
Der jeweilige Lehrgangsarzt gab das Dopingmittel mit dem Entmüdungstrunk (Kohlehydrate, Mineralstoffe, Vitamine) oder per Injektion.
In einem Fall erfolgte die Dokumentation zur erfolgten Vergabe von Dopingmitteln in einer Stuhlgangliste. Die Gabe einer Tablette mit 5 mg bedeutete ein Strich, somit sollten die Informationen zum Doping bei Zugriff auf die Trainingsunterlagen verschleiert werden.


Rudern

In dieser Sportart gab es prinzipiell zwei mögliche Methoden:

Methode Programm 3
Kurz vor dem Start wurden zwei Spritzen gegeben, um den Laktatwert und Ermüdung der Muskeln zu verzögern.
Das bedeutete etwa 5 - 8 % Leistungszuwachs. Das gespritzte Serum enthielt Enzyme, die den körpereigenen Stoffen sehr ähnlich sind und den Nachweis fast unmöglich machten.
Das wurde später zwar offiziell untersagt, wurde aber im Sportverband trotzdem weiterhin praktiziert.

Methode HOT
Vom Zentralen Sportmedizinischen Dienst Berlin wurden im März 1983 ausgewählte Sportärzte über die Maßnahme des Eigenblutdopings informiert. Diese Maßnahme soll ab dem 1. Mai 1983 an allen ausgewählten Olympiakadern durchgeführt werden.
Blut wurde in der unten beschriebenen Menge dem Sportler entnommen, mit einem Antigerinnungsmittel versetzt, mit UV-Licht bestrahlt und dem Körper wieder zugeführt. Der Behandlungszyklus sollte wie folgt aussehen (Protokoll vom 19.04.1983):

    45 cm³ Blut + Natriumcitricum und UV-Licht

    1. Wo 2 x,
    2. Wo 1 x
    3. Wo 1 x
    4. Wo 1 x
     und danach sollte die Behandlung 1x monatlich durchgeführt werden.


An dieser Stelle nur ein kleiner Exkurs zum Thema „Forschung“, ausführlicher ist im Bereich Staatsplanthema 14.25 dazu ausgeführt.

Forschungsverträge der Karl-Marx-Universität Leipzig bestanden unter anderem mit
(Universitätsarchiv Leipzig)

  • Jenapharm 1980, z. B. der Nachweis von Depotöstrogen im Gehirn,
  • GERMED Dresden unterstützte bei der Entwicklung von Nootropika,
  • der medizinischen Akademie Magdeburg 1975: Einfluss Oxytocin auf die Informationsverarbeitung im Zentralnervensystem (Programm „MOGEVUS 6“, s.a. Beitrag System Doping (Auszug))



Abkürzungen
SMD Sportmedizinischer Dienst
SHB Sportärztliche Hauptberatungsstelle
UV   Ultraviolett